Rezeption und Konflikte
Während der Veranstaltung wurden Kunstobjekte mit massivem Einsatz zerstört. Der entstandene Sachschaden wurde von der Initiative zur Erweiterung der Kultur e.V. auf über 50.000 DM geschätzt.[1] Die Initiative erstattete daraufhin Strafanzeige. Der bzw. die Täter konnten nicht ermittelt werden. Die Bergische Morgenpost schrieb dazu, „[...] mit welch ungeheurer krimineller Energie müssen Unbekannte in der Nacht von Donnerstag auf Freitag an der Wupper-Vorsperre vorgegangen sein: Fast alle Objekte in dem gerade vor zwei Wochen eröffneten Skulpturenpark sind zerstört oder schwer beschädigt worden.”[2]
Die lokalen bzw. regionalen Zeitungen Bergische Morgenpost und Remscheider Generalanzeiger begleiteten die Veranstaltung fast das gesamte Jahr 1990 über mit zahlreichen Presseartikeln und Fotos. „Mit dem Skulpturenpark wollen wir die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst gerade an diesem stark frequentierten Ausflugsort fördern“, wird Stefanie Hierholzer in der ersten Ankündigung der Veranstaltung in der Presse zitiert.[3] Über den Landschaftsbezug der Skulpturen, den Eröffnungstermin, Vorbereitungen auf das Projekt und die Gestattungszusage durch den Wupperverband als Betreiber der Wuppervorsperre wurde in einer weiteren Vorankündigung im Februar berichtet.[4] Am 24. Februar veröffentlichte die Bergische Morgenpost Pro-[5] und Contra-Stimmen[6] zum Skulpturenpark und rief seine Leserschaft in einem Bürgerforum aktiv dazu auf, seine Meinung zu dem Projekt zu äußern.[7] Erste Meinungen wurden von der Zeitung Anfang März veröffentlicht, wobei die negativen Äußerungen überwogen. So meinte z. B. Kurt Woeste, „Ein Hauch von Grauen gar fiele den Wanderer des Abends an, der von den Schemen der Skulpturen mit Sicherheit irritiert würde”, „Skulpturen, ob modern oder antik, gehören in Ausstellung, Park oder Museum, nicht aber in die Naturlandschaft” und „Eine Bürgerinitiative zur Abwendung von Unheil ist sicher nötig”.[8] Auch der Hückeswagener SPD Ortsverbandsvorsitzende Willy Stahl äußerte sich gegenüber der Bergischen Morgenpost deutlich ablehnend.[9] Eine Unterschriftenliste gegen den Skulpturenpark wurde an die Redaktion der Bergischen Morgenpost geschickt und Hückeswagener Bürger luden zur Diskussion über das Thema in eine Gaststätte ein.[10]
In einem weiteren Bericht äußerte sich eine Fürsprecherin, Maria Guski: „Die an Hysterie grenzende Heftigkeit, mit der debattiert werde, könne sie nicht nachvollziehen”, „Das Projekt soll lediglich über drei Monate hinweg laufen und wird in diesem Zeitraum wohl keine Hundertschaften von Menschen an die Vorsperre ziehen” und „Warum lassen die Hückeswagener nicht das Projekt einmal drei Monate lang durchlaufen und bilden sich dann ein Urteil?”.[11] In einem Bericht über die Bürger Diskussion am 9. März in der Gaststätte Hubertusklause wurden unbewusste Ängste vor zeitgenössischer Kunst hervorgehoben und von einer weiteren Unterschriftenliste gegen das Projekt berichtet.[12] Die Fraktion der Partei „Die Grünen” im Hückeswagener Stadtrat äußerte sich in einem Pressegespräch mit der Bergischen Morgenpost zustimmend zum Projekt: „Bei der geplanten Schau an der Vorsperre gehe es darum, das kulturelle Angebot in Hückeswagen zu erweitern und attraktiver zu gestalten”.[13] Ähnlich positiv äußerte sich in einem weiteren Pressegespräch der FDP Ortsverbandsvorsitzende Gerhard Welp: „Der Skulpturenpark kann auch sehr positive Auswirkungen auf Hückeswagen haben”.[14]
Im Mai beschloss der Kulturausschuss der Stadt Hückeswagen einen Zuschuss von 4.000 DM für das Projekt. Mit dazu beigetragen hatte eine Stellungnahme von Reinold Louis, Geschäftsführer der Kulturstiftung Oberberg bei der Kreissparkasse Köln, die mit ihrem Zuschuss von 20.000 DM den größten Anteil der Kosten an dem rund 35.000 DM teuren Projekt trug.[15]
Die Zeitungen berichteten bei der Eröffnung, an der rund 150 Personen teilnahmen[16], positiv über den Skulpturenpark: „Die bildnerischen Arbeiten fügen sich meist problemlos in dieses Naherholungsgebiet ein”[17] und „Das ist die mit weitem Abstand auffälligste und weitreichendste Kunstaktion, die Hückeswagen, ja die gesamte Oberbergische Region bisher erlebte”.[18] Der Kölner Stadt-Anzeiger resümierte: „In Hückeswagen setzt man sich mit aktueller Kunst auseinander, ein Anfangserfolg.”[19] In einem Bericht im Bergischen Feuilleton war zu lesen: "Der Sinn der Sache wird häufig zum Hintersinn, weil der Versuch, ein Wechselspiel von Kunst und Landschaft herbeizuführen, neu ist - neu zumindest in der Form, die hier erprobt wird. Schließlich geht es hier nicht um ein ästhetisches Experiment, sondern um Denkanstoß, wobei das Meditative und der Protest gegen Umweltbedrohung fließend ineinander übergehen."[20]
Fünfzehn Jahre später blickte der Verein Bergische Zeitgeschichte auf den "Skulpturenpark Wuppervorsperre 1990" mit einer Podiumsdiskussion am 16. Dezember 2005 zurück. Mit dabei waren der ehemalige Hückeswagener Stadtdirektor Hans-Jürgen Pauck, Günter Uebeleisen als Vorsitzender der Kulturgemeinde und Stefanie Hierholzer und Ulrich Klaus von der Initiative zur Erweiterung der Kultur e.V.[21] Der Remscheider General-Anzeiger veröffentlichte aus diesem Anlass rückblickend einen ganzseitigen Bericht zum Skulpturenpark 1990.[22]
Im Jahr 2022 griff der Verein Bergische Zeitgeschichte (BZG) das Thema noch einmal auf und organisierte eine Dokumentationsausstellung zum „Skulpturenpark Wuppervorsperre“ in seinen Geschäftsräumen an der Islandstraße 1 in Hückeswagen. Die Eröffnung der Ausstellung fand am 10. September 2022 aus Anlaß des Altstadtfestes statt und war danach für ein Jahr in den Räumen zu sehen.[23] Zusätzlich zur Ausstellung fand im Zuge der Bergischen Wanderwoche am 16. September 2022 eine Wanderung um die Wupper-Vorsperre statt. Dabei wurden die ehemaligen Standorte der Skulpturen von 1990 erkundet.[24]
[1] Rainer Timm: 1000 Mark für Hinweise auf Täter. In: Remscheider General-Anzeiger, 20. August 1990.
[2] Udo Teifel: Vandalen wüteten im Skulpturenpark. In: Bergische Morgenpost, 18. August 1990
[3] Gundhild Tillmanns: Kilometerlanger Skulpturen-Rundweg an der Vorsperre. In: Bergische Morgenpost, 1. Februar 1990
[4] Gundhild Tillmanns: Bildhauer setzen sich mit der Landschaft auseinander. In: Bergische Morgenpost. 24. Februar 1990
[5] Gundhild Tillmanns: Kunstwerke regen das Gespräch an. In: Bergische Morgenpost, 24. Februar 1990
[6] Udo Teifel: Kulturzirkus verschandelt die Natur. In: Bergische Morgenpost. 24. Februar 1990
[7] Redaktion: Wie denken Sie über die Skulpturen? In: Bergische Morgenpost. 24. Februar 1990
[8] Brigitte Neuschäfer: Kernproblem: Kunst und Natur im Widerspruch? In: Bergische Morgenpost, 3. März 1990
[9] Brigitte Neuschäfer: "Geld-Verschwendung". In: Bergische Morgenpost, 7. März 1990
[10] Brigitte Neuschäfer: Unterschriften gegen Künstler-Projekt. In: Bergische Morgenpost, 9. März 1990
[11] Redaktion: Skulpturenpark vertagt. In: Bergische Morgenpost, 10. März 1990
[12] Rolf Mommer: Die Angst der Bürger vor der Kunst. In: Bergische Morgenpost, 12. März 1990
[13] Rolf Mommer: Politiker üben Zensur aus. In: Bergische Morgenpost, 22. März 1990
[14] Udo Teifel: Liberale gegen Zensur. In: Bergische Morgenpost, 27. März 1990
[15] Brigitte Neuschäfer: Summen statt Inhalte im Mittelpunkt. In: Bergische Morgenpost, 8. Mai 1990
[16] Udo Teifel: Viel Freiraum für eigene Gedanken. In: Bergische Morgenpost, 7. August 1990
[17] Gerhard Schattat: Kunst bringt mehr List vor Hückeswagens Tore. In: Remscheider General-Anzeiger, 2. August 1990
[18] Hans Karl Pesch: Kunstwerke als „Stolperfallen” an der Wuppervorsperre. In: Bergische Morgenpost, 2. August 1990
[19] Jürgen Röhrig: Auch Skandal ist ein Erfolg. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 5. September 1990
[20] Hans Karl Pesch: Hier wird der Sinn sehr häufig zum Hintersinn gewandelt - Neues Kunstverständnis bittet um Aufgeschlossenheit. In: Bergische Morgenpost, 4. August 1990
[21] Brigitte Neuschäfer: Der Skandal um den Skulpturenpark. In: Bergische Morgenpost, 14. Dezember 2005
[22] Karsten Mittelstädt: Kunst contra Stammtisch. In: Remscheider General-Anzeiger, 15. Dezember 2005
[23] Heike Karsten: Ausstellung zu Skulpturen an der Vorsperre. In: Bergische Morgenpost, 9. September 2022
[24] Heike Karsten: Wanderer erkunden Skulpturenpark von 1990. In: Bergische Morgenpost, 18. September 2022